– Sport im Ort – © Westphal Verlagsgesellschaft mbH, Dezember 2003

Sport ist im Verein am schönsten

SV Scharnebeck

(else) Scharnebeck. »Auf die Größe«, so Bernd Eberhardt, »kommt es uns nicht so sehr an. Wichtiger ist, dass wir ein vielfältiges Angebot für unsere Mitglieder vorhalten können.« Das kann sie, die Sportvereinigung Scharnebeck, die derzeit exakt 1.229 Mitglieder zählt. Fast genauso viel gehörten ihr im Jubiläumsjahr 1996 an: Als der Verein 75 Jahre alt wurde, verzeichnete er 1.235 Mitglieder und war damit der sechstgrößte Verein im Kreissportbund.

Andere sammeln Ü-Eier, die SVS lieber Titel. Der »größte« ist er, gemessen an der Mitgliederzahl, also nicht. Aber welcher Verein im Landkreis Lüneburg kann schon von sich behaupten, Landes-, sogar deutsche Meister aus seinen Reihen hervorgebracht zu haben? Während andere Leute Münzen, Figuren oder Nippes sammeln, sammelt das Ruder-As Silja Friese auf Titel: Deutsche Meisterin wurde sie 2002 auf den 3.000 und 1.000 Metern. Längst wird sie, wie es so schön heißt, vom Deutschen Ruderverband »gesichtet«, nimmt also am nationalen Nachwuchstraining teil.

Auch die Bowler der SVS sorgen für Erfolge: Landesmeister wurde Bernd Bauer im Einzel und gemeinsam mit Hans-Jürgen Duczak im Trio. »Natürlich wandern auch viele Leistungsträger in andere, größere Vereine ab, weil dort die Möglichkeiten der Förderung besser sind«, resümiert Otto Bitter, der 2. Vorsitzende. »Und grundsätzlich sind auch wir ein Breitensportverein, aber wir fördern auch den Leistungssport.« So spielen auch die Handballdamen in der Heideliga, der höchsten Liga vor Ort.

Früher Beginn

Beim Handball geht’s bei den Minis los; übrigens besteht in dieser Abteilung seit 20 Jahren eine überaus erfolgreiche Spielgemeinschaft mit Adendorf. Im Kindersportbereich hat Andrea Radant eine Leistungsturngruppe neu ins Leben gerufen. Dass sie auf Erfolg versprechende Talente setzen kann, wurde auf der diesjährigen Sportschau der SVS am 9. November demonstriert. Mit viel Elan und sichtbarer Freude präsentierten sich auch die anderen Abteilungen und vermittelten die Vielfalt des sportlichen Angebotes.

So kann der sportliche Nachwuchs nicht nur zwischen Fuß- und Handball wählen; ab dem Krabbelalter wird geturnt, ab fünf Jahren ohne den elterlichen Beistand. Mit fünf kann man auch zum Zirkuskind werden; mit sechs Jahren kann man sich in Jujutsu oder in den leichtathletischen Disziplinen erproben, später mit dem Schläger in der Hand an der Tischtennisplatte oder auf dem Badmintonplatz.

»Wir würden gern noch mehr anbieten, auch für über 60-jährige«, erläutert Eberhardt. »Im Bereich Gesundheitssport können wir zur Zeit nichts anbieten. Neben Hallenkapazitäten fehlen ganz einfach Übungsleiter«, bedauert der seit elf Jahren amtierende Vorsitzende. Und sein ebenso »Dienst alter« Vertreter Bitter fügt hinzu: »Seit fünf Monaten suchen wir einen Übungsleiter für Basketball. Ohne Erfolg!«

Großes Alter

Gleichwohl ist die Altersstruktur des Vereins recht ausgeglichen. Mit 335 Mitgliedern ist die Altersgruppe der 7- bis 14-Jährigen am stärksten vertreten. Aus der altersmäßig zweitgrößten Gruppe (41 bis 60 Jahre) stammen 254 Mitglieder. Das älteste Mitglied heißt Günter Wolter, ist 1926 geboren und noch immer aktiv! Er gehört zu den erfolgreichen Bowlern und springt als so genannter Feuerwehrmann auf Turnieren ein! Das Vereinsküken Franziska Röhr hat eine derart langjährige sportliche Karriere noch vor sich, ist sie erst im Februar 2002 zur Welt gekommen.

Aus Scharnebeck selbst kommen »nur« 57 Prozent der Mitglieder; ein knappes Viertel stammt aus dem Nachbarort Rullstorf, der Rest verteilt sich auf weitere Orte im näheren oder auch weiteren Umkreis; zu den Bowlern gehört auch ein Seevetaler.

Sinkende Zuschüsse

Zweimal im Jahr steht der Punkt »Zuschuss für die SVS« auf der Tagesordnung von Gemeinderäten, einmal in Scharnebeck und einmal in Rullstorf. Immerhin leiste der Verein »wichtige Jugendarbeit«, argumentiert Eberhardt und macht gleich auf ein Problem aufmerksam: »Die Zuschüsse aus den Gemeindekassen werden mit jedem Jahr geringer. Auch unsere Sportplätze werden nicht mehr durch die Gemeinde gemäht. Im Jahr fallen uns somit zusätzliche Kosten von rund 4.500 Euro an.«

Was für die politische Gemeinde gilt, gilt ebenso für die sportliche Gemeinschaft in Scharnebeck: Einen konsequenten Sparkurs fahren. Das tut die SVS und konnte in den letzten Jahren stets leichte Überschüsse erzielen.

Die allerdings bei weitem nicht reichen, um einen lang gehegten Herzenswunsch der SVS zu erfüllen: neue Umkleideräume mit angemessener sanitärer Ausstattung. »Ansonsten sucht die Anlage mit ihren drei Sportplätzen, von denen zwei mit Flutlicht ausgestattet sind, ihresgleichen«, sagt Eberhardt. Beim Bau neuer Umkleideräume, so die Prognose von Bitter, werde wohl einmal mehr auf Eigenleistung gesetzt werden müssen.

Widriger Start

Sportlich losgegangen ist es ursprünglich auf »Nordenbruchs Wiese«: Gegenüber des Feuerwehrhauses wurde gekickt. Später zogen die Fußballer auf den Sportplatz am Schafstall (»Hungerkamp«) um. Der »Gründervater«, der Müllermeister Hans Moss, des Scharnebecker Vereins war aus Hamburg zugezogen. Unter seiner Regie fanden sich 1921 zahlreiche unterschiedliche Sportgruppen zum MTV zusammen: Querelen untereinander verhinderten allerdings zunächst ein harmonisches Miteinander.

1925 kam der Spielbetrieb deshalb zum Erliegen; ein Jahr später ging’s wieder los, mit Turnen und Leichtathletik. Unter dem Namen Sportvereinigung Scharnebeck nahm der Verein nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 wieder Bewegung auf. Neben Fußball und Turnen wurden die Abteilungen Damenhandball und Tischtennis ins Leben gerufen.

Ende der 50er Jahre machte die SVS eine schwere Krise durch, nur wenige Männer hatten sich – das allerdings mit beachtlichem Erfolg – zu einer Fußballmannschaft zusammengefunden, übrigens auf Initiative von Hans Moss, Sohn des Gründervaters, und Lothar Brandt.

1965 erhielt Scharnebeck seine erste Sporthalle (an der Grundschule): Explosionsartig stieg die Mitgliederzahl der SVS von 120 auf 600 an. Drei Jahre später konnte auf dem neuen Platz am Meisterweg gesportelt werden. 1976 dann war so etwas wie das Jahr des Sportes in und für Scharnebeck: Die Gemeinde stellte dem Verein ein 2,5 Hektar großes Gelände zur Verfügung. Die Sportanlagen am Meisterweg konnten um zwei weitere Sport- und zwei Tennisplätze erweitert werden.

Die Tennisabteilung wurde allerdings vor zwei Jahren aufgelöst: Die Plätze werden zu Anlagen für Beach-Volley und -handball umfunktioniert – sicher eine neue Attraktion für Scharnebecks Sportler. 1986 fand erstmals der Schiffshebewerk-Volkslauf statt, der sich bis heute großer Beliebtheit und eben solcher Beteiligung erfreut.

Buntes Leben

Zwei Jahre zuvor wurde der Sportlerball ins Leben gerufen, den es heute zwar nicht mehr gibt, aber nach wie vor bietet die SVS ihren Mitgliedern und solche, die es noch werden wollen, einiges, auch an nebensportlicher Unterhaltung. So ist beispielsweise der Kinderkarneval ein alljährlicher Knüller für den Nachwuchs. Wie jeder Verein hat auch die SVS mit der Konkurrenz durch Fitness-Studios zu kämpfen. »Dabei«, so Bitter, »haben wir wirklich für fast jeden etwas im Angebot.«

Ob es die MMA, die Montagsmänner, oder die DoDa, die Donnerstag-Damen, sind, ob man bei den »Rennmäusen« oder bei den Handball-Minis beginnt, sich bei BBP oder beim Walken fit hält – wer will, der kann. Und deshalb lautet das Motto der Scharnebecker Sportler auch in Zukunft: Sport ist im Verein, in der SVS, am schönsten.

– Sport im Ort – © Westphal Verlagsgesellschaft mbH, Dezember 2003